22 – Kuala Lumpur: Tempel und Hochhäuser zum Abschied

Nach einem Tag auf kleiner Flamme, Faulsein, mal nichts tun und einem abendlichen Spaziergang ein paar Straßen weiter in die die Jalan Bukit Bintang, dahin, wo die großen Malls enden und die Häuser wieder Normalgröße annehmen. Dort verwandelt sie sich allabendlich in eine Ausgeh-Ecke.

Allabendlich putzt sie sich auf für das Nachtleben heraus, den Restaurantbesuch, Massagen, Karaoke. Plötzlich stehen da unzählige Straßenstände, eine Band spielt an einer Ecke, an der nächsten wirbt lautstark eine riesige Karaokebar um Kundschaft. Die Werber vor den Restaurants versuchen mit wedelnden Speisekarten und Häppchen, dem Nachbarladen die Kunden abspenstig zu machen. Und es sind nicht etwa nur Touristen die sich hier amüsieren und sich die Bäuche vollschlagen, nein, offensichtlich gehen die Einheimischen auch gern aus. Und hier endet unser Tag bei einem indische Essen und einem Spaziergang durch „unser Viertel“.

Nach dem faulen Tag bleibt uns nur noch der dritte und letzte, denn unser Flugzeug startet erst um Miternacht. Auf dem Programm steht heute ein besonderer Ort: die Batu Caves, 15 Kilometer nördlich der Stadt.

Ein Grab bringt uns in die Sub Urbs vor den Höhlen. Schon auf der Fahrt dorthin wird augenscheinlich, dass die Bevölkerung hier vorallem aus tamilischen Familien besteht. Man sieht es an Geschäften, Restaurants, Aufschriften wie die an einer tamilischen Schule. Und an den vielen bunten Saris, statt der eher dunklen oder gedeckten langen Kleider und Schleier der Musliminen.

Die Nähe zu den Batu Caves hat einen logischen Grund: in den Höhlen sind Hindu-Tempel. Nach den Andenkenverkäufern am Eingang empfangen einen viele kleinere freche Java-Affen, die – oft gefüttert – ziemlich aufdringlich werden können. Aber lustig sind sie allemal und jetzt scheint es besonders viel Affen-Babies zu geben. Süß!

Schon stehen wir vor einem ersten knallbunten Schrein mit den Götzen, Göttern und Figuren, die mir vor allem aus Bali im vergangenen Jahr noch so gut erinnerlich sind. Aber die Hauptattraktion kommt erst 200 Meter weiter. Hinter einem belebten Platz voller Tauben, Touristen und bunter Götterskulpturen erhebt sich ein steiles, tiefgrün bewachsenes Bergmassiv, das einige große Kalksteinhöhlen birgt. Die größte ist 115 Meter hoch, wie ein nach oben offener Dom. Lichtdurchströmt und mystisch. In diese Höhlen wurden mehrere Hindu-Schreine gebaut, die einen verrückten Kontrast zu dieser rauhen steinernen Umgebung abgeben.

175 bunt bemalte, bei dieser Schwüle sehr mühselige Stufen führen zum Eingang. Den Weg nach oben kann man sich mit einem Blick zurück auf die Stadt Kuala Lumpur und der Sicht auf eine riesige goldene Statue des Gottes Murugan auf dem Vorplatz versüßen.

Und die Quälerei lohnt! Es ist ein großartiger Anblick, all diese bunten, kunstvollen, manchmal kitschigen Schreine in den aufeinander folgenden Kalksteinhöhlen mit riesigen Stalaktiten! Und das von oben einfallende Licht lässt alles noch mystischer erscheinen. Die Schreine erzählen vom Sieg des Gottes Murugan über den Dämon, habe ich gelernt. Aber auch ohne allzuviel Hintergrundwissen ist es ein Vergnügen diese ungewöhnlichen Höhlen mit den Tempeln und dem Sonneneinfall von oben anzuschauen.

Das war schon mal ein gelungener Ausflug, ein würdiger, für den letzten Tag einer tollen Reise! Auf dem Rückweg beschließen wir, uns ein Ticket für eine der beiden Routen der HopOn-HopOff-Busse zu besorgen, denn so können wir wenigstens noch ein bisschen mehr von der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten sehen, als wenn wir noch einen einzelnen Punkt ansteuern.

An der Bukit Bintag Plaza steigen wir also in einen der Doppelstockbusse. Auf dem Oberdeck ist es zwar heiß, aber der Fahrtwind macht es erträglich und es ist wirklich spannend, diese Innenstadt-Route zu fahren. Sie führt mittendurch all die Straßen mit den Gebäuden, die wir schon von Weitem als Skyline gesehen haben: Hotels, Firmensitze, Banken, Mosheen, sogar ein Kulturzentrum (das allerdings ist etwas reparaturbedürftig – für die Kultur sitzt wohl auch hier das Geld nicht so locker…) Es scheint ein aberwitziger Wettstreit darum im Gange zu sein, wer das größte verrückteste Gebäude baut. Vollkommen abgedreht.

Die bekannten Gebaude, das Wahrzeichen der Stadt, sind die Petronas Zwilligstürme, mit 452 Metern Höhe, die 1,6 Milliarden Dollar gekostet haben. Petronas ist die Mineralölgesellschaft. Es gibt kaum ein Kulala Lumpur-T-Shirt ohne diese Türme.

Aber mir gefällt besonders ein anderes Gebäude: der super elegante geschwungene Turm mit dem Namen Merdeka 118, mit 678,9 Metern das zweithöchste Gebäude der Welt. Und nachts übertrumpfen sich all diese Giganten noch mit ihren raffinierten Lichtkonzepten. Einfach irre. Egal, wie man zum Thema Stadtplanung, Wirtschaft und Energie steht – es ist zunächst erstmal faszinierend.

Ein Dutzend verrückter Scy Scraper weiter geht dann gar nichts mehr, der Bus steht nach der guten Hälfte der Strecke aussichtslos im Stau. Und da um 18 Uhr Schluss mit den Stadtrundfahrtenist, haben wir nur gut die Hälfte der Strecke sehen können. Aber das macht nichts. Wir haben soviele Eindrücke zu verarbeiten und der Tag neigt sich dem Ende.

Wir gönnen und auf dem Weg ins Axon noch eine letzte, herrlich entspannende Fussmassage und dann heißt es auch schon Abschied nehmen. Was für eine spannende Zeit! Wieviele Eindrücke, die sicher noch lange im Kopf weiterarbeiten und die das Leben spannend bleiben lassen….

21 -Die große Stadt: Kuala Lumpur

„Die schlammige Flußmündung“ – der Name klingt nicht besonders poetisch. Und trotzdem ist der Stadt mit diesem Namen eine gigantische Entwicklung widerfahren. Die Flüsse Klang und Gombak fließen hier zusammen und Zinn war der erste begehrte Schatz der Gegend. Inzwischen ist Kuala Lumpur eine brodelnde Metropole mit rund 2 Millionen Einwohnern im Stadtgebiet und vielen Millionen in der Peripherie. Auch hier waren die Briten die Kolonialherren bis zur Unabhängigkeitserklärung 1957. Inzwischen gehört die Stadt zu den großen Playern international: Wirtschaft, Universitäten, Banken.

Das alles ist nachzulesen und man erwartet eine asiatische Super-City…. Aber den Eindruck, den diese Stadt dann „in echt“ auf mich gemacht hat, der hat mich einfach erstmal umgehaun… Ich habe mich gefühlt wie das kleine Mädchen vom Land, das das erste Mal in eine Metropole kommt!

Ein Taxi hat uns in der Nacht nach einer Fahrt durch eine imposante Hochhauskulisse vor einem fast schon einschüchternden 37 stöckigen Hochhauskomplex abgesetzt, dem Axon Residenz. Unser Apartment liegt im 20. Stock. Die riesige Lobby mit viel glänzendem Marmor und tollem Lichtdesign, uniformiertem Empfangspersonal und Wachleuten an der Tür. Und dabei haben wir, wie immer, eigentlich nichts Edles gebucht…

Ein junger Mann holt uns in der Lobby ab, geleitet uns nach oben und erklärt , wie alles funktioniert. Ist nämlich gar nicht so einfach. Alles safe, alles elektronisch und digital. Man braucht für jede blöde Tür – zum Fahrstuhl, zum Flur, zum Zimmer die elektronische Key Card, ohne die kann man nicht mal seine Etage im Lift anwählen. Um die Tür zum Apartment zu öffnen, muss man noch dazu einen 9 stelligen Code eingeben…

So weit so gut. Das Apartment ist modern und schön, der Ausblick – unglaublich! Dagegen ist New York altbacken. Ein Wald von Hochhäusern in den verrücktesten Formen blinkt, strahlt, funkelt und flasht. Unglaublich. Ich will lieber nicht über die Energieverschwendung moralisieren, das Thema gibt´s hier offensichtlich nicht. ….aber toll sieht´s aus!

Am nächsten Morgen spaziere ich los, um eine Apotheke zu suchen. Ich komme mir zum zweiten Mal vor wie Gretel im Wunderland. Neben unserem Hotel führt eine eher schmale, schäbige Straße mit kleinen Läden und einfachen Restaurants entlang. Wellblech, Holz- und alte Backsteinwände, wackelige Konstruktionen, um Waren darauf auszubreiten, zu kochen oder als Kunde zu essen. 10 Meter über die Straße entfernt von unserem gigantischen Apartmentblock…Ein kleines, wirklich schmuddeliges Viertel. Man springt über Pfützen unterschiedlichster Ursache, muss auf die Füße achten, um nicht zu fallen. Überall schwarzer Schimmel, bröckelnder Putz, wirre Kabel.

Ich überquere eine größere Straße, passiere ein gigantisches rundes Parkhaus und bin in einer anderen Welt. Riesige Gebäudekomplexe, fast alle für Läden, Superstores, Malls. Alles ist voller Menschen, die in alle Richtungen strömen. Auf der breiten Straße Bukit Bintang, die dem Viertel seinen Namen gegeben hat, strömt der Verkehr, aufgeregte Verkehrspolizisten pfeifen gegen die Ampel an, weil irgendein wichtiger Konvoi Vorfahrt hat.

Bukit Bintang ist DAS Geschäftsviertel Kuala Lumpurs. Hier regieren die Superlative, klein und bescheiden ist das einzige, was es hier nicht gibt. Alles ist so riesig, gigantische LED-Wände blinken, blitzen, flimmern. Auf den Bürgersteigen hat sich noch eine Zeile kleinerer Restaurants dazwischen gequetscht. Im Gegensatz zu den kleinen, bescheidenen neben unserem Apartment sind die aber neu und chic.

Dass hier in der Stadt viele Reiche und Megareiche residieren, ist nicht zu übersehen: Feine Apartmentblocks mit viel Security, dicke Autos, Edel-Brands wie Louis Vuitton haben hier Stores, die das KeDeWe klein aussehen lassen. Doch zwischen den tollen, schicken Prestige-Bauten der Stadt liegen vor aller Augen, aber trotzdem unsichtbar, die Schmuddelecken der alten Stadt. Die kleinen oft eher etwas armseligen Behausungen derer, die den anderen das Leben schön machen: kochen, putzen, reparieren, liefern. Sie leben in Straßenzügen, die aus verfallenen, hässlichen und kleinen Häusern bestehen, im wahrsten Sinne des Wortes im Schatten der Giganten nebenan. Obdachlose schlafen auf dem Boden, streunende Tiere suchen Fressen. Alltag in KL.

Aber ich schweife ab und greife vor. Erstmal weiter mit meinem ersten Ausflug. Auf der Hauptstraße angekommen, habe ich erstmal nur dagestanden und gestaunt. Klingt albern, war aber so. Eine Mall nach der anderen, davor glitzernde Springbrunnen, leuchtende goldene und silberne Eingangstore wie aus 1001 Nacht, der brodelnde Verkehr auf der Straße mittendurch.

Die nächste geöffnete Apotheke wird mir in der Bukit Bintang Plaza Mall angezeigt. Um das Ganze jetzt nicht noch mehr auszuwalzen: Ich habe trotz freundlicher Hilfe des zahlreichen Wachpersonals 15 Minuten gebraucht, um diese Apotheke zu finden. Hier sind auf 48 Stockwerken (drei unterirdisch) mehr als 1000 Geschäfte und Restaurants untergebracht. Der Grundriss entspricht der eines kleinen Viertels. Mittendrin ein mit tausenden Lichtern beleuchtetes goldglänzendes Wunderland als Atrium, kitschig wie aus 1001 Nacht. Und die meisten Läden in dieser Mall sind von der gehobenen Art, viele gehören zum obersten Preissegment. Wer kauft das alles??

Und natürlich gibt es auch außerhalb dieses gigantischen Komplexes weitere große Einzelstores der beḱannten Labels, eher selten auch mal eine Zeile Stände und Läden mit einheimischem Billigkram . Vieles hier grenzt an Gigantomie. Und das beschränkt sich nicht auf unser Viertel Bukit Bintang, wie ein Blick aus unserem Fenster im 20 Stock zeigt. Auch in der restlichen Innenstadt wird repräsentiert, geprotzt und gewetteifert.

Schon ein Blick aus unserem Fenster im 20. Stock gibt des Blick auf viele andere riesige Gebäude frei. Jedes anders, fast jedes unverwechselbar.

A propos Blick. Ein Grund, warum wir uns für das Axon Residence entschieden haben, waren die Fotos von einem Infinity Pool im 37. Stock. Das sollte unser kleines Extra für die letzten Tage sein, in dieser heißen Stadt. So abends, nach dem Sightseeing. Dachten wir. Falsch gedacht! Ramadan! Das Ding wird knallhart geschlossen, obwohl ein Großteil der meisten Gäste und Mieter hier gar keine Muslime sind und man damit wirbt! Das empfinde ich als Ignoranz allen Nichtmuslimen gegenüber, deren Geld man gern nimmt. Meine Verärgreung wird mit einem Schulterzucken abgetan. Später treffe ich noch etliche verärgerte Gäste…

Die Sache mit dem Ramadan ist ohnehin ein wenig seltsam. Ich weiß natürlich, welcher Gedanke hinter dem Fastenmonat steckt. Aber ich verstehe nicht, wieso dann nach Sonnenuntergang nicht nur alle Sinnesfreuden wieder erlaubt sind, sondern geradezu zelebriert werden. Nehmen wir nur das Essen: Tagsüber weder Essen noch Wasser und kaum geht die Sonne unter, wird gegessen, was nur geht. Alle halal Restaurants hier werben mit ihren Angeboten zu riesigen Ramadan-Büffets am Abend. Und sobald es dunkel ist, ist es überall brechend voll und es wird genussvoll und überreichlich geschlemmt.

Wir erobern die Stadt ersteinmal schrittweise, zu Fuss. Tapfer und neugierig spazieren wir – schweisstriefend – durch Gassen und große Straßen. Vorbei an der modernen Hochbahn, die die Stadt auf hohen Betonträgern durchschneidet. Mehrere Autobahnen durchpflügen KL, wie es die Einheimischen wohl nennen. Die großen Magistralen sind breit, oft sechs- oder achtspurig, der Verkehr ist einfach irre. Ununterbrochen. Aber immerhin gibt es noch Bürgersteige. Und viel Polizei.

Wir sind haben uns Chinatown als Ziel ausgesucht mit dem berühmten Straßenmarkt in der Petalin Street. Keine besonders aufregende Strecke, aber das Laufen durch eine fremde Stadt gibt einem doch immer so ein bisschen Gefühl für den Ort. Die Mischung der Kulturen, Volksgruppen und Religionen prägt das Stadtbild. Namen, Bezeichnungen, Schriften: Arabisch, Chinesisch, Malay, Hindi. Vom Tschador bis zum Minirock, vom Sari bis zum chinesischen Seidenkleid, Fez, Kippa, Basecap oder rosa Punkfrisur – hier geht alles.

Endlich haben wir Chinatown erreicht und auch schnell die Petalin-Street gefunden. Ein typischer Straßenmarkt, über dem die üblichen fröhlichen roten und gelben chinesischen Laternchen schaukeln. In Kreuzform kuschelt er sich in die Gassen des Viertels. Hier gibt´s sehr viele leckere Dinge zu essen, von Nudeln über Fleisch, Fisch , Obst, Süsses bis der Zahnarzt kommt. Und leckere Säfte: frisch gepresstes Zuckerrohr mit Zitrone, Mango-Shakes, Eis-Cappucino – außer Wein und Schnaps eigentlich alles.

Dutzende Stände mit immer denselben T-Shirts, Caps, Taschen und Hosen, Fake-Marken-Uhren, Technikfirlefanz und auch mal Nützliches…. jeder kennt das aus irgendeinem Urlaub. Aber die Leckereien sind was besonderes! Und wir entdecken ein Massagestudio „Thai/Bali Style“. Genau! Das hat uns gefehlt.

Das Abendessen versinkt im Regen, der hier wohl an den meisten schwülheißen Tagen irgendwann alles dampfen lässt und die Bürgersteige und Fahrbahnen in glitschige Stolperstrecken verwandelt. Wir sind geschafft vom vielen Pflasterlatschen und so vielen neuen Eindrücken! Infinity-Pool ist nicht….also bleibt ein Abendessen im Viertel und vielleicht ein kaltes Bier? Gibt´s ja nicht überall. Aber unter einer Plane vor dem Regen versteckt, klappt das dann doch noch mit dem vollem Magen und dem Feierabend-Bier.

20 – Zurück ans Meer -Semporna

Der Dschungel sagt uns ein letztes Mal Good Bye: Auf der Fahrt zur Bushaltestelle in Kinabatang hält der Fahrer plötzlich an, am Straßenrand parkt schon sein Kollege, der andere Touristen zu einem anderen Bus bringt. Große Aufregung…?? Ja, tatsächlich! Auf einer großen verwilderten Lichtung vor dem Wald sagt ein kleiner Elefant „GoodBye“! Ein bisschen schüchtern versteckt er sich im Unterholz und wackelt dann gemächlich fressend Richtung Wald. Tschüss, Kleiner, grüß die Familie!

Die fünfstündige Fahrt führt durch Landschaften, die sich nur gelegentlich in der Landschaftsformation unterscheiden, sonst ist immer nur eins zu sehen: Palmöl-Plantagen. Es ist deprimierend, also packe ich lieber mein Tablet aus und schreibe, auch wenn meine Haltung dabei eher ungesund ist.

Endlich wird die Landschaft eindeutig flacher – wir kommen in die Küstenregion. Trotzdem Palmöl…

Um drei Uhr nachmittags kippt uns der Bus in einer ziemlich hässlichen Stadt aus: Semporna.

Dass so viele Touristen nach Semporna kommen, hat nur einen Grund: vor der Küste liegen in der Celebessee kleine Inseln, die bekannt sind für ihre Tauchspots, die zu den schönsten der Welt gehören. 

Deshalb sind wir hier. Also irgendwie vor allem meinetwegen, auch wenn Schnorchler hier genauso auf ihr Kosten kommen.

Am schmuddeligen Busbahnhof drängeln sich gleich ein paar junge Männer mit alten Schubkarren, die einem das Gepäck ins Quartier fahren wollen. Sie verlangen zu viel, selbst der Preis, auf den wir sie runterhandeln ist zu hoch, aber wir lassen uns darauf ein, da unser Quartier nur ein paar Gehminuten entfernt liegt.

Der erste Eindruck wird vom zweiten abgelöst: Ja, die Stadt ist wirklich hässlich und in keinem guten Zustand… Man muss auf seine Füsse achten, um nicht über den bröckelnden, holprigen Zement zu stolpern oder auf die vielbefahrene Straße zu geraten, was aber gar nicht möglich ist, weil manchmal ein Stück Bürgersteig fehlt. 

Wir haben ein Zimmer in Dong´s Homestay gebucht, offensichtlich wieder ein chinesischer Vermieter. Das Haus liegt in einer chinesichen Wohnsiedlung, die angenehm ruhig und sauber wirkt. Gut gemacht. 

Es gibt noch eine kleine Debatte mit den Schubkarrenjungs, die plötzlich das Doppelte verlangen von dem ohnehin schon zu großzügigen Preis. Das ist neu, so etwas habe ich in Asien noch nicht erlebt. 

Mr. Dong ist ein freundlicher und fröhlicher Chinese, der uns gleich erzählt, dass er früher mal in der Sowjetunion gelebt hat. Sein Haus hat 8 saubere, kleine Gästezimmer mit Bad und einen Eingangsbereich mit Sesseln und Kühlschrank, den man benutzen kann. Auch vor dem Haus kann man sich an einen Tisch setzen. Alles prima.

Und dann sind wir auch gleich unterwegs ins Büro der Tauchschule, bei der ich aus dem Urwald per Whatsapp gebucht habe, um die Papiere auszufüllen und das Equipment für den nächsten Tag auszusuchen. Eine Taucherin, ein schnorchelnder Begleiter.

Danach fahren wir ins städtische Krankenhaus, weil der Schnorchler sich böse die Blase erkältet hat. Ich rate ihm zu einer Privatklinik – wir haben eine gute Auslandsversicherung – aber er möchte ins Kommunale Hospital.

Was wir dort erleben ist eine Zeitreise in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts, was Örtlichkeit und Einrichtung betrifft! Allerdings werden auf mobilen Wagen auch ein paar sehr moderne medizinische Geräte hin- und hergeschoben. Aber der Eindruck ist … uff. Uralte Liegen mit rissigen Matrazen rundherum an den Wänden aufgeteilt, in der Mitte des ca 60 Quadratmeter großen Raums eine Büroinsel, wo die Ärztin und ein paar Schwestern und Pfleger zusammen arbeiten können.

An den vier Wänden gibt es verschiedene Abteilungen: Die „Asthma-Bay“, wo gerade ein Kind und ein alter Mann inhalieren müssen, ein weiterer Bereich, wo ein Junge mit einem Gips seine Narkose ausschläft und ein alter Mann gelegentlich vor sich hin stöhnt,  eine Red Zone, die offensichtlich gerade nicht gebraucht wird, und die Dengue-Bay. Da hier gerade kein Patient liegt, wird dem Alien aus dem fernen Europa hier eine Liege  zugewiesen für die Untersuchung. Das Laken wurde schon öfter benutzt…

Soweit , so spooky. Aber: Die selbstbewußte junge muslimische Ärztin und die Schwester machen einen wirklich kompetenten Eindruck und gehen kurzentschlossen ans Werk: Laboruntersuchungen, ein mobiles Ultraschallgerät und weiteres. Die erste Behandlung wird etwas länger dauern und da es für mich nicht mal einen Stuhl gibt, ziehe ich mich diskret zurück in unser fußläufig zu erreichendes Quartier.

Unbedingt zu erwähnen ist, dass ein ausländischer Patient für alle Untersuchungen und Therapien nur ganze 100 Ringit zahlt (Kurs 1€ :4,6 MYR). Einheimische zahlen nur 11 Ringit pro Klinikbesuch. Und ich glaube nicht, dass da irgendjemand krankenversichert war. Eine Lektion Landeskunde für Fortgeschrittene.

Die nächsten drei Tage werde ich in geraffter Form wiedergeben – einfach, weil ich die meiste Zeit unter Wasser oder auf dem Boot war. Aber eins ist klar: Die Tauchspots sind wirklich super schön! Ich hatte noch nie so viele riesige (und kleine) Meeresschildkröten um mich herumschwimmen, auf Tuchfühlung! Sie sind großartig. Und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen, davon kann ich mir eine Scheibe abschneiden! Die größten waren ca 2 Meter lang. Fantastisch! 

Aber abgesehen von den Fischen, den wunderschönen Nacktschnecken und Hummern haben mich die bunten Korallen wirklich überwältigt!  Riesige Riffe. So herrliche Formen und Farben…. Und das alles in oft kristallklarem, hellblauem Wasser über einem weißen Meeresboden. 

Nur an einem Tag hat es tropische Regengüsse und Wellen gegeben, das war eher suboptimal, wenngleich es unter Wasser ruhiger und angenehmer war, als bei Wolkenbruch und hohen Wellen an der Oberfläche im offenen Tauchboot zu sitzen, wie auf der stressigen Hinfahrt. Es war eine kleine Tauchschule ohne Ressort und ich hatte das Glück, dass ich an zwei von drei Tagen meine eigene Guide hatte.

Mein begleitender Schnorchler ist nur an einem Tag mitgefahren, hatte ein paar tolle Schnorchelgänge und hat sich an den anderen Tagen als Rekonvaleszent diskret in Mr. Dongs gastlichem Hause zurückgezogen.

Getaucht wurde immer an Spots in der Nähe verschiedener Inseln: Mabul, Kapalai, Mataking und TimbaTimba. Nur die berühmteste, Sipadam, habe ich ausgelassen: Allein der Preis für die Tauchgenehmigung für den berühmten Nationalpark verdirbt einem die Stimmung. Und außerdem tröste ich mich damit, dass das Tauchen dort ziemlich stressig ist, weil man wohl fast immer gegen eine starke Strömung ankämpfen muss. Und das würde mich ziemlich stressen. 

Ich  war jedenfalls glücklich und habe mit dem letzten Dive meinen 100. Tauchgang absolviert! Und immer noch Lust!

Zu Semporna gibt es leider nicht viel Gutes zu sagen. Eine hässliche Stadt mit riesigen Müllproblemen, Slums und ohne Charme. Und: Es ist die erste Stadt in Asien, in der ich mich in gewissen Straßen unwohl und unsicher gefühlt habe. Viel Armut und unterschwellige Aggression. Wir haben uns im Umkreis von 250 Metern von unserem Guesthouse bewegt, nur mal essen und einkaufen. 

Wenn sich die Verantwortlichen da nichts einfallen lassen, versinkt die Stadt – und sogar das Meer demnächst ganz im Müll. Es ist furchtbar anzusehen! Und die sozialen Probleme würden wohl geradezu explodieren, kämen eines Tages weniger Touristen…

Mit beginnendem Ramadan nehmen wir Abschied – die muslimischen Restaurants – alle, bis auf die chinesischen – machen erst nach Einbruch der Dunkelheit auf. Aber immerhin hatten wir ein leckeres letztes Abendessen. 

Und morgen geht´s auf zur letzten Etappe: Kuala Lumpur!

19 – Kinabatangan River – ein letztes Refugium

Eins klappt hier auf Borneo super: die Organisation der Weiterreise.

Meine Frage, wie wir wohl die 110 km aus unserem Urwaldquartier in Sepilok nach Sukau am Kinabatangan River zurücklegen können, erweist sich wiedermal als unvermutet einfach. Unsere Rezeptionistin rät mir, der Unterkunft dort einfach eine Whatsapp zu schicken, die würden das schon organisieren. Eine Stunde später kommt die Antwort: kein Problem, Fahrer kommt, es kostet 26 Euro. Das nenne ich Service!

Auf unserer Planung steht die Weiterfahrt zum Kinabatangan River, einem großen Fluß im Dschungel, der für fast alle Tierarten, die es auf Borneo noch gibt, letztes wildes Rückzugsgebiet ist. Schön für die Besucher, die gute Chancen haben, viele Tiere in freier Wildbahn zu erleben, traurig, weil nur der auf ein Minimum geschrumpfte Lebensraum all diese Tiere hier zusammenkommen lässt.

Diese Tatsache wird uns dann auch gleich noch mal drastisch vorgeführt: Kaum haben wir aus Sepilok verlassen, breiten sich die endlosen Palmöl-Plantagen von Horizont zu Horizont aus. Der Anblick ist schwer zu ertragen.

Immer wieder kleine Siedlungen entlang der Straße mit meist recht windschiefen oder schwarz gewordenen Holz- und Wellblechhäusern, auch die gemauerten sehen schwarz-schimmelig aus. Idylle gibt es hier keine. Das Klima und die Lebensumstände schließen das aus.

Endlich verschwinden die Ölpalmen und es wird wilder, grüner, schöner: das Gebiet des Kinabatangan River, der sich aber noch hinter einem Streifen Wildnis unseren Blicken entzieht, bis wir endlich von der Straße abbiegen nach Sukau, wo wir unser nächstes Quartier gebucht haben : Sukau Back Packer B&B.

Ich bin beglückt: Das Gelände ist idyllisch grün, von einem kleinen Flüsschen durchzogen, die kleinen Stelzenbunglows sehen gepflegt aus. Wieder dient ein offenes hölzernes Gebäude als Restaurant und Lobby. Sehr nett hier!

Wir haben noch nicht mal eingecheckt, als wir schon kurzentschlossen eine der drei hier angebotenen Bootstouren gebucht haben, die schon eine Viertelstunde später losgeht. Das hatten wir so nicht geplant, aber man sagt uns, es seien gerade Elefanten in der Nähe und die Chance groß, sie zu sehen. Also Gepäckabwerfen, Rucksack packen und los.

100 Meter vom Hotel entfernt liegt der Fluß. So breit! An manchen Stellen sicher mehr als 200 m. Es ist Regenzeit, das Wasser ist aufgewühlt und ließt schnell und gelb den Fluß hinab. Wir sind nur zu viert mit unsrer Bootscrew. Ein schönes Gefühl, nach der Fahrt im Auto nun hier so durch diese tiefe Urwaldlandschaft zu gleiten! Es sind noch einige Boote von anderen Ressorts unterwegs, von denen man nur hin und wieder ein paar Dächer im Grün sieht. Ich hatte Schlimmeres befürchtet, bei der Sehnsucht der Reisenden nach unberührtem Urwald. Wir sind nur vier Passagiere, was natürlich super angenehm ist.

Auf einem Seitenarm des Flusses neigen sich von beiden Ufer große und kleine Bäume über das Wasser, einige Lianen und Mangrovenwurzeln ergänzen das Traumbild „Urwald“. Auf den Bäumen toben Makaken und wieder Nasenaffen herum. Die Sonne neigt sich dem Horizont zu und spiegelt sich auf dem Fluss.

Immer wieder ahmt unser Käpt´n erstaunlich genau den Ruf eines Elefanten nach. Dann kommt Bewegung in die Sache, nur ein kleines Stück entfernt sehen wir schon andere Boote mit dem Bug so tief wie möglich ins Ufer-Dickicht fahren. Unser Boot drängelt sich durch Lianen und Mangroven. Alle starren ins Dickicht. Unser Kapitän zeigt immer wieder in eine Richtung und sagt: „A big one! You see the mooving ear?“ Wir müssen eine ganze Weile den Elefanten-Suchblick üben und dem Laser Pointer folgen, dann endlich erkennen wir erst einen großen grauen Koloss, dann noch zwei kleinere graue Flecke.

Schließlich manövriert unser Kapitän das Boot rückwärts aus der Masse und fährt los. Wir sind schon ganz beseelt, dass wir ein kleines Stückchen von den nur hier lebenden Pygmalion-Elefanten, den kleinsten der Welt, gesehen haben…wobei klein? Sah ganz schön groß aus…

Ein Stück weiter biegen wir in einen winzigen Kanal ein. Kurz darauf trauen wir unseren Augen kaum: Vier Elefanten, ein großer und drei kleinere spazieren grasend keine 10 m entfernt an uns vorbei. Unglaublich ! Damit haben wir den Vogel abgeschossen.

Aber es gab noch Nachschlag. Als wir uns unserem Steg nähern, wundern wir uns über die vielen Boote, die kurz davor halten und alle starren Richtung Inland, wo unsere Lodge liegt: Eine ganze Herde von großen und kleinen Dickhäutern wechselt gemütlich hinter unserer Lodge das Waldstück. Wie ein Defilee! Kann man mehr Glück haben?

Das Essen erinnert ein bisschen an Jugendherberge: Alle stehen in einer Schlange mit Plastikteller, Löffel und Gabel bewaffnet am Büffet, das nur eine Sorte Essen und Obst anbietet. Aber: sehr lecker!

Für den folgenden Tag haben wir die Morgen- und die Nacht-Tour gebucht. Zu den verschiedenen Tageszeiten sieht man verschiedene Tiere. Pünktlich um sechs sind wir bereit. Es nieselt, wie so oft im Dschungel um diese Jahreszeit. Oft gibt es ganz plötzlich heftige Schauer, das Wasser fällt senkrecht von Himmel, aber es versiegt auch genauso schnell, wie es begonnen hat.

Aber – es geht aucch anders, wie wir an diesem Morgen erleben. Kaum sind wir am Fluss angekommen und wollen einsteigen, beginnt es zu gießen. Alle quetschen sich unter das kleine Schutzdach am Ufer, aber man ist schon nass. Es schüttet wie aus Eimern, das gelbe Flusswasser tritt über das Ufer. Die ersten Wartenden für die drei Boote steigen aus dem Vorhaben aus.

Tapfer, aus unseren Regenjacken tropfend, die man auch hätte weglassen können, harren wir aus. Dann endlich nieselt es nur noch und wir klettern in die klatschnassen Boote, nur die Rettungswesten schützen den nassen Körper vor dem Fahrtwind. Wir preschen den Fluss ziemlich weit runter, aber immer wieder gibt es eine Pause in Ufernähe, wenn unser Adlerauge wieder etwas erkannt hat. Vor allem Affen und einige sehr schöne Vögel. Viele Tiere haben sich bei dem Wetter weiter in den Dschungel zurückgezogen, aber trotzdem ist es nicht langweilig, die Bilder bleiben im Kopf. Leider auch die, wie die selbst hier weggeworfenen Plastikflaschen auf den Wellen schaukeln….

Den Tag verbringen wir faul in der Lodge, das tut auch mal gut und kommt meinen Chronistenpfichten zugute. Und die Umgebung ist sehr schön, um einfach immer nur hinzuschauen. Wie überall hier turnen auf den Dächern Makaken herum und einige Hunde und Katzen kommen immer mal vorbei. Die gibt es hier überall. Sie gehören dazu, wenn auch kein Aufwand mit ihnen getrieben wird, außer, dass sie gefüttert werden. Ein ziemlich schöner und entspannter Umgang mit den Tieren.

Nach dem frühen Abendessen gehen wir auf unsere letzte Tour, neidisch vernehmend, dass am Nachmittags ein Orang Utan zu sehen war. Es ist stockdunkel und das Boot gleitet durh die tiefe Finsterniss, nur die Handlampe unseres Guide streift immer wieder über das Dickicht am Ufer. Es ist eine wirklich magische Stimmung. Auch ohne auf Tiere zu achten, gibt es so viele phantastische Bilder!

Keine Ahnung, wie der Guide das macht, aber immer wieder mal steuert er plötzlich ins Uferdickicht unter einen Baum und – voilà: ein, zwei, drei wunderschöne, bunte, schlafende Vögel wollen, oft sogar von ganz nah, bestaunt werden. Die sitzen da, pennen und lassen sich gar nicht stören. Man frage mich nicht nach Namen – keine Ahnung. Ich kann nur erzählen, dass sie sehr hübsch anzusehen waren, und es immer andere Arten waren.

Ein kleines Krokodil im Uferschlamm zieht sich genervt zurück und verschwindet im Wurzelwerk, die schlafende weiße Schlange bleibt gelassen im Ast über uns hängen. Auch ein Flughund hängt faul im Geäst. Und zu guter Letzt stören wir noch zwei Eulen beim etwas unappetitlichen Herunterwürgen einer Schlange als Nachtmahl.

Zurück in der Lodge lernen wir noch ein uns unbekanntes Fest kennen. Keine Ahnung, ob es immer kurz vor Ramadan stattfindet, oder nur zufällig: Es sind nur Frauen da, bis auf einen Mann, der die Technik bedient. „Gift changing party“ – eine Geschenke-Tauschparty. Alles ist festlich geschmückt und die Frauen haben sich herausgeputzt: Die, die sonst schwarz tragen, haben jetzt goldene Borten und Broschen im Schwarz, andere haben goldene oder bunte lange Kleider und Tücher und zwei von ca 50 Damen tragen keine Tücher.

Mir ist ohnehin aufgefallen, dass hier auf Borneo bis auf Chinesen fast alle Muslime sind, die aber hier etwas gelassener und fröhlicher wirken, als an der Westküste Malaysias. Die Frauen tragen auch mal helle und geblümte Kleider und Tücher und sind meist recht selbstbewußt. Und das wichtigste: Hier wird vielmehr gelacht und gelächelt als auf Langkawi. Und das ewige Rufen der Muezzin ist etwas melodischer.

Zurück zu den Frauen. Nachdem sie, ähnlich wie beim Wichteln, immer aufgerufen werden, um von einem Sammeltisch unter Hallo und Klatschen der anderen, ihr Geschenk entgegen nehmen. Und danach: Zu zugespielter Musik singt eine Frau mit sehr schöner Stimme westliche Popklassiker nach und es wird zum Teil kräftig mitgesungen. So gar nicht dass, was die Sittenwächter sehen wollten. Sehr symphatisch! Wir gönnen ihnen den Spaß sehr – auch wenns bis kurz vor Mitternacht ganz schönlaut ist…

Und schon ist auch diese Etappe zu Ende. Am nächsten Morgen, werden wir eine Stunde nach Kinabatangan gefahren, um mit dem großem Reise- Bus nach Semporna an der Küste zu fahren.

18 – Sepilok, another jungle day

Nix mit lange schlafen! Schließlich beginnt der Tag im Urwald mit dem Tageslicht! Frühstück gibt´s zur Übernachtung hier inbegriffen. Allerdings isst man hier eigentlich zu allen Tageszeiten dasselbe. Weil das viele Touristen aber nicht mögen, gibt es oft ein europäisches Frühstück. Immer dasselbe: hartes Ei, Toast, Butter, Marmelade und ein undefinierbares Würstchen… 🙁 Egal.

Der Fahrer bringt uns diesmal zum etwas weiter entfernten „Proboscis Monkey Sanctuary“ – einem Schutzgebiet für Nasenaffen in den Mangrovenwäldern von Semawang … oder was davon noch übrig ist, umringt von endlosen Palmölplantagen. Borneo ist die (einzige) Heimat dieser sehr lustig und speziell aussehenden Affen. Das Schutzgebiet ist eine Privatinitiative eines einsichtigen Landbesitzers, der sein Land von Palmöl-Bäumen befreit und es renaturiert hat, um dieser einmaligen Spezies das Überleben zu sichern.

Wieder führen Holzplankenwege durch den Mangrovenwald, wo es zwei Plattformen gibt, zu denen die Nasenaffen zweimal täglich mit Futter aus dem Dickicht des Urwalds gelockt werden. Allerdings einem Futter, das nicht besonders lecker und nahrhaft für sie ist, damit sie nicht zu faul werden, sich selbst etwas zu suchen.

Wir sind nur wenige Leute, die in der Hitze auf den Auftritt der Affenbande warten. Wir können immerhin ein paar an Drachen erinnernde, sehr kurios aussehende Suckermouth Catfishes beobachten, die in den Wasserpfützen des Mangrovenwaldes auf Beute lauern.

Lange Zeit passiert nichts, obwohl sich die beiden Ranger redlich mühen, die Protagonisten mit perfekt nachgeahmten Rufen zu locken. Machmal kommen Die Affen gar nicht, heißt es. Die anderen Besucher gehen, wir drei (noch ein Mann aus unserer Lodge) harren in der Hitze aus.

Dann passiert´s : Ganz hinten im Wald beginnen die Äste der hohen Bäume zu schwanken, die Bewegung kommt näher und da: der erste Nasenaffe. Dann noch ein paar und schließlich der Boss – in beachtliches Exemplar. Nach und nach werden es immer mehr Schlappnasen, bis es schließlich über dreißig sind: große, kleine und ganz, ganz kleine!

Sie haben eine verrückte Art, mit ausgestreckten Armen und Beinen einfach drauflos zu springen, um dann wunderbarer Weise tatsächlich auf einem entfernten Ast anzukommen: Schnell haben sie die Teigstücke aufgeteilt, wer zu spät kommt geht leer aus. Ein paar Eichhörnchen haben sich schon bedient. Wir haben jede Menge Zeit, der Affenbande zuzuschauen.

Die zweite, größere Plattform hat ein angebautes Gebäude, wo auch ein Video gezeigt wird und man auf Tafeln vieles über die Nasenaffen nachlesen kann. Die männlichen Tiere haben es nicht leicht, sich in ihrer Jugend so lange als der Stärkste in der Hierarchie nach oben zu prügeln, bis sie der absolute Sieger sind, der den Harem (so heißt das!) übernehmen können. Und das sind verdammt viele Damen! Werden sie dann später doch irgenwann besiegt, haben sie noch eine Chance, wieder der King der Affenbande zu werden, versagen sie, müssen sie allein im Urwald leben, bis sie sterben. Die Größe der Nase macht die Herren hier übrigens besonders attraktiv, die Damen tragen eher Stupsnase.

Nachdem wir auch hier nochmal viele Proboscis beobachten konnten, fahren wir zurück und faulenzen ein paar Stunden. Denn für den Abend haben wir uns für einen Night Walk in das schon erwähnte Regenwald-Schutzgebiet angemeldet. Hier soll es so viele spannende Tiere nachts zu sehen geben – ohne Garantie auch nur eins wirklich zu sehen. Wir hoffen auf unser Glück.

Als wir kurz vor Sonnenuntergang im „Rainforest Discovery Center“ ankommen, versammeln sich am Eingang schon ca 50 Menschen. Aber unsere Befürchtung, jetzt womöglich in so einer Riesengruppe laufen zu müssen, erweist sich als unnötig. Wir werden auf verschiedene Ranger aufgeteilt. Wir haben das Glück, gleich zwei Ranger zu haben, obwohl wir nur sieben Leute sind.

In den folgenden zwei Stunden wandern wir zuerst noch mal auf den Skywalk, sehen das letzte glühende Abendrot hinter den Bäumen verblassen und warten geduldig an einer Lichtung, wo ein paar fliegende Drachen wohnen. Genau genommen Flughörnchen, Eichhörnchen, die zwischen Vorder- ond Hinterbeinen Gleithäute aufspannen können. Eigentlich gleiten sie also, wenn sie zwischen Bäumen und Ästen hin- und herspringen, aber es sieht aus wie fliegen. Und tatsächlich haben wir Glück: Im Schutz der Dunkelheit beehren uns gleich drei dieser kuriosen Tiere!

Jetzt geht die Tour am Boden weiter, immer tiefer in die schwarze Dschungelnacht. Immer schön auf der Wegmitte bleiben und der Lampe des Rangers folgen. Gar nicht so einfach, nicht zu stolpern oder zu rutschen, wenn man keine Sicht hat auf den f. Ab und zu werden wir im Finstern „geparkt“ und die beiden Ranger verschwinden mit ihren Lampen im Unterholz, um für uns die Tiere zu suchen, die ich (und natürlich auch andere) am allerliebesten sehen möchte: Die scheuen , langsamen Loris mit ihren riesigen, leuchtenden Augen und Koboldmakis. Geduld, Geduld…..

Aber das Verharren in dieser Finsternis ist allein schon ein Erlebnis bei all den Geräuschen und Gerüchen des Urwalds: Glühwürchen, Insekten, Vögel. Und dann kommt Bewegung in die Truppe: Der Ranger ist ganz aufgeregt und beglückt: Er hat ein Lori hoch oben im Baumwipfel entdeckt. Wenn es den Kopf zu uns wendet, leuchten diese kuriosen Scheinwerfer auf: seine riesigen Augen ! Toll! Loris bleiben weit oben, weil sie sich nur sehr langsam bewegen und somit schlechter flüchten können. Für mich ist dieser Nachtwalk damit eigentlich schon gelaufen!

Es geht weiter, unterwegs sehen wir noch ein paar kuriose Lantern Bugs (Laternen-Käfer), kleine Schlangen, Vögel. Die anderen Gruppen sind schon zurückgegangen, aber unsere Helden geben nicht auf zu suchen. Und dann, schon auf dem Rückweg, schließlich: nur ein paar Meter entfernt, rund einen Meter über dem Boden im Unterholz an einen Stamm geklammert: ein Koboldmaki! Es starrt uns an, aber bleibt eine ganze lange Zeit sitzen. Ich weiß, man sollte „süß“ nicht auf Tiere anwenden, aber es geht nicht anders….

Es ist lustig, wir sieben sind seelig, aber unsere beiden Super-Führer fast genauso, haben sie es doch geschafft, für uns all die Tiere zu finden, die wir uns am meisten gewünscht haben.

Nun noch ein teureres Bier in der Lodge (Alkohol ist ein großes Zugeständnis einiger Restaurants an ihre nicht-muslimischen Gäste) und ein bisschen in die Baumkronen starren, und dann zufrieden unters Moskitonetz kriechen und von Loris und Makis träumen….

17 – Ab auf die Insel

Das Staatsgebiet von Malaysia ist so groß und noch dazu im Meer verteilt, dass man hier von einem Landesteil zum anderen einfach fliegen muss, es sei denn, man hat die Zeit und Geduld, tagelang in Bussen und oft wenig Vertrauen erweckenden Schiffen unterwegs zu sein. Entsprechend preiswert ist hier ein Inlandsflug. Nun also steht auch uns wieder ein solcher bevor. Von Georgetown vor der Westküste nach Borneo, das zwischen der Javasee und dem Südchinesischen Meer liegt.

Pünktlich 4:45 steht ein freundlicher Grab-Fahrer vor der Tür und bringt uns zum Flughafen. Egal wo ich in den letzten Jahren hingekommen bis: Jeder Flughafen ist schicker und funktionaler als der große internationale BER… So auch hier. Alles klappt wie am Schnürchen. Der Flug ist pünktlich, wir müssen in Kuala Lumpur umsteigen. Übrigens gibt es hier selbst bei Billigfluggesellschaften immer etwas zu trinken und zu knabbern, ab 2 Stunden aufwärts ein warmes Essen….

Pünktlich gegen halb zwei landen wir in Sandakan, in der Provinz Sabah. Aber genaugenommen wollen wir nach Sepilok in den Dschungel, oder vielleicht sollte man sagen, einem der wenigen Regenwaldgebiete, die hier noch nicht abgeholzt wurden, um Palmölplantagen anzulegen. Kein Problem, wir finden sofort einen Fahrer, der uns dort hinfährt.

Wir haben kurzfristig eine Unterkunft in einem Backpacker Hotel gebucht und hoffen, dass wir halbwegs die richtige Gegend und ein passables Zimmer erwischt haben. Hoch erfreut stellen wir fest, dass das Grab-Taxi die letzte Wegstrecke durch den Dschungel rumpelt. Mittendrin werden wir abgeladen. Eine offene hölzerne Lobby samt Restaurant klebt auf dem Berg, rundum Wildnis. Sieht genauso aus , wie ich mir eine Dschungel Lodge vorstelle: das Paganakan Dii Tropical Retreat.

Ein paar Stufen führen zu Rezeption. Eine sehr freundliche junge Frau begrüßt uns schon oben am Eingang. Beim obligatorischen Schuhe ausziehen haben wir erstaunt die in Schönschrift an einer Kreidetafel aufgelisteten Namen der aktuellen Gäste entdeckt. Es ist verrückt: Hier steht sogar „innen“ mitten im Urwald, Fenster und Türen gibt es keine, drei Katzen und zwei Hunde räkeln sich unter den Tischen ohne aufdringlich zu werden.

Leider hat es zu regnen angefangen und der Marsch zu den auf einer tiefrünen Lichtung stehenden Unterkünften wird teilweise zum Schlammtreten. Nur nicht hinfallen. Einziges Zugeständnis, was wir an Luxus gemacht haben: Nein, kein Bettt in einem in ganz Asien verbreiteten Schlafsaal, sondern ein Privat-Bungalow.

Ein hölzernes Haus auf Backsteinstelzen mit einer kleinen Terrasse. Ein Raum, Betten mit dichten Mosquitonetzen, eine hölzerne Schiebetür an der Rückwand führt auf einen schmalen Minibalkon. Wenn man Tageslicht haben möchte, muss man eine Tür aufmachen. Auch eine Dusche gibt es. Ein Blechdach schützt vor Regen, nach drei Seiten eine Steinmare, die aber nicht bis oben reicht, die Wand neben der Dusche ist bis auf ein grobes Drahtgeflecht und eine Matte ganz offen. Man duscht also quasi im Dschungel. Uns gefällt´s. Mehr Urwaldfeeling geht nicht.

Die Lodge organisiert hier auch alle Aktivitäten, die in der Umgebung angeboten werden und selbstverständlich wird man vom hauseigenen Fahrer immer hingebracht und wieder abgeholt, erstklassig organisiert! Wir buchen gleich für den nächsten Tag das Orang Utan Rehabilitation Center, der Hauptgrund, warum wir gekommen sind. Seit wir die Orang Utan in Indonesien im Dschungel gesehen haben, lassen uns diese Tiere nicht mehr los.

Hier nun ist es zwar nicht ganz frei, eine eigenständige Wanderung verboten und es sind auch viel mehr Menschen hier, aber trotzdem ist es alles andere als ein Zoo. Auf 43 Quadratkilometern ursprünglichem Urwald können die Tiere frei leben, aber vorallem kümmert man sich um Jungtiere, die aus verschiedenen Gründen gerettet werden mussten. In 6-8 Jahren werden sie hier auf ihr Leben in der Wildnis vorbereitet.

Die Besucher können nur auf einem sehr begrenzten Gebiet auf Holzstegen durch den Dschungel laufen. Highlights sind die Fütterungen 2 mal täglich, zu denen – immer unterschiedlich- meist Mütter mit Jungen kommen, die schon wieder frei leben. Nach den frischen Leckerlis verschwinden sie wieder im Wald.
Wir hatten Glück! Vier Damen mit ihrem unglaublich süßen Nachwuchs, der absolut an kleine Kinder erinnert (nur das die hier schon verdammt gut klettern können), kommen zum Dinner an diesem Tag aus dem umliegenden Urwald. Danach entschwinden sie wieder. Zweimal pro Tag gibt es das Schauspiel, das man von einem Podest und den hölzernen Stegen aus ca 20-50 m Entfernung beobachten kann. Nachmittags um drei müssen alle Besucher das Gelände verlassen, damit die Tiere ihre Ruhe haben.

Und wieder sind wir fasziniert von diesen unseren nächsten Verwandten. Über 97 Prozent ihres Erbgutes stimmt mit unsrerem überein! Vor allem ihre Gesichter, ihre Mimik…. keine Worte! Man darf gar nicht daran denken, wie wenige es noch sind, auch weil der Dschungel verschwindet. 2021 waren es noch 120.000 Tiere auf der ganzen Welt. In den letzten zwei Jahrzehnten sind allein auf Borneo mehr als 100.000 veschwunden….

Außer bei den Fütterungen kann man die geretteten Jungtiere noch in ihrem Outdoor-Kindergarten beobachten – aus einem Haus heraus durch gläserne Wände. Hier spielen sie und lernen aber auch von den älteren wichtige Dinge für das spätere Leben in der Wildnis. Acht Jahre wird ein Junges von der Mutter normalerweise darauf vorbereitet – genausolange dauert es hier meistens.

Das ganze Programm für die Besucher wird auch veranstaltet, um das Ganze zu bezahlen zu können. Diese Station in Sepilok wird in Kooperation mit einer englischen Stiftung zusammen finanziert. Für rund 80 Euro im Jahr kann man die Patenschaft für eins der Orang-Kinder übernehmen. Ich habe eine… als Geburtstagsgeschenk…

Nach unserem Besuch bei den Orangs ist noch viel Nachmittag übrig und wir fahren noch zur „Rainforst Expierience“, einem geschützten Regenwaldgebiet, eine Art Park insofern, weil es mit Wegen und Ausschilderungen für Besucher ausgebaut wurde. Hier kann man nicht nur herumspazieren und Urwald in geschützter Umgebung erleben, sondern es gibt noch eine ganz besondere Attraktion: den 350 m langen und 25 Meter hohen Skywalk , ein Metallsteg auf hohen Stelzen, auf dem man durch das Herz des Parks spazieren – und zu entsprechenden Zeiten die Vögel und anderen Tiere betrachten kann. Ein Paradies für Birdwatcher und Botaniker.

Das imposante Bauwerk -zu dem auch noch 3 Aussichtstürme gehören, ist wirklich beeindruckend. Die Besucher können so den Urwand bewundern ohne ihn zu zertrampeln. Beeindruckend aber auch durch das Erlebnis, weit über dem Boden zu laufen und trotzdem noch ein Ameise im Vergleich mit den meisten Bäumen zu sein: Die sind doppelt und dreifach so hoch! Der höchste Baum, der Sepilok Giant, ist um die 1000 Jahre alt und 63 Meter hoch. Leider können wir den nicht besuchen, ein Unwetter hat den Weg zu ihm unpassierbar gemacht.

Nachdem wir in der brütenden Hitze noch ausgiebig herumspaziert sind, steht uns der Sinn nach diesem Tag nur noch nach faulenzen in der Lodge und erstmal alles sacken lassen….mit Blick auf den umliegenden Urwald. Ganz ohne Regen….